Pankreasenzyme: Was Ihre Laborwerte bedeuten (2024)

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Dr. med. Mira Seidel

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Eva Rudolf-Müller

Eva Rudolf-Müller ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie hat Humanmedizin und Zeitungswissenschaften studiert und immer wieder in beiden Bereich gearbeitet - als Ärztin in der Klinik, als Gutachterin, ebenso wie als Medizinjournalistin für verschiedene Fachzeitschriften. Aktuell arbeitet sie im Online-Journalismus, wo ein breites Spektrum der Medizin für alle angeboten wird.

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Pankreasenzyme sind wichtige Laborparameter, um eine vermutete Schädigung der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) nachzuweisen. So sind erhöhte Amylase- und Lipase-Werte oft ein Hinweis auf eine akute Pankreasentzündung (Pankreatitis). Erfahren Sie hier mehr über die Bedeutung der Pankreasenzyme!

Was sind Pankreasenzyme?

Pankreasenzyme sind Verdauungsenzyme, die von der Pankreas (Bauchspeicheldrüse) gebildet werden. Pro Tag produziert das Organ ein bis zwei Liter Verdauungssaft, der über den Hauptgang (Ductus pancreaticus) in den Zwölffingerdarm fließt – den ersten Abschnitt des Dünndarms. Im Pankreassaft sind folgende Pankreasenzyme enthalten:

  • Enzyme, die Kohlenhydrate spalten (Alpha-Amylase, Glukosidasen)
  • Enzyme, die Fett spalten (Lipase, Phospholipase A und B, Cholesterinesterase)
  • Enzyme, die Nukleinsäuren spalten (Desoxyribo- und Ribonukleasen)
  • Enzyme, die Eiweiße spalten (Trypsin, Chymotrypsin, Elastase, Kollagenase, Kallikrein, Carboxypeptidase)

Die meisten Pankreasenzyme werden von der Pankreas als Vorstufen ausgeschüttet, als sogenannte Zymogene: Trypsinogen, Chrymotrypsinogen, Procarboxypeptidasen und Prophospholipase A. Sie werden erst im Dünndarm in ihre wirksame Form überführt, die sich dann an der Verdauung der aufgenommenen Nahrung beteiligt.

Werden die Pankreasenzyme krankheitsbedingt schon innerhalb der Bauchspeicheldrüse aktiviert, verdaut sich das Organ selbst. Dies nennt man akute Pankreasnekrose.

Wie viele Bauchspeicheldrüsenenzyme abgegeben werden, wird zum einen durch den Nervus vagus, zum anderen durch Hormone geregelt. Dabei handelt es sich um Hormone, die in den Darmzellen oder in den sogenannten Inselzellen der Bauchspeicheldrüse hergestellt werden. So stimuliert beispielsweise das Hormon Cholezystokinin (= Pankreozymin) die Freisetzung von Pankreasenzymen.

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Wann bestimmt man die Pankreasenzyme?

Die Pankreasenzyme werden vor allem bei Verdacht auf eine Schädigung der Pankreas bestimmt. Ein solche Organschädigung kann sich etwa durch eine Entzündung, Vergiftung, Tumoren oder durch übermäßigen Alkoholkonsum ergeben. Auch zur Überprüfung der Enzymproduktion in der Pankreas können die Pankreasenzyme gemessen werden.

Von den verschiedenen Pankreasenzymen gelten die Amylase und die Lipase als Leitenzyme. Sie können über eine Blutabnahme bestimmt werden. Aus Kostengründen werden oft nicht beide Pankreasenzyme gleichzeitig bestimmt. Meist wird die Lipase gemessen, da sie länger erhöht bleibt als die Amylase und viele Patienten nicht gleich schon zu Beginn einer Erkrankung zum Arzt gehen.

Amylase

Innerhalb weniger Stunden nach Symptombeginn steigt die Amylase im Blut an. Nach 20 bis 30 Stunden ist der höchste Wert erreicht. Dieser fällt nach drei bis fünf Tagen rasch wieder ab. Die im Blut gemessene Amylase aus der Bauchspeicheldrüse macht 40 Prozent der gesamten Amylase-Aktivität aus. Die restliche Amylase stammt hauptsächlich aus den Speicheldrüsen.

Zeitlich versetzt steigt die Amylase im Urin an. Aufgrund der schlechteren Trefferquote wird der Urintest jedoch kaum mehr eingesetzt.

Lipase

Das Enzym Lipase im Körper stammt überwiegend von den sogenannten Azinuszellen der Pankreas. Im Blut steigt die Lipase innerhalb von vier bis acht Stunden nach Beginn der Erkrankung an und sinkt innerhalb von 8 bis 14 Tagen wieder ab. Sie bleibt somit länger erhöht als die Amylase.

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Pankreasenzyme: Referenzwerte

Bei einem gesunden Menschen gelangt nur ein geringer Anteil der Pankreasenzyme direkt oder indirekt über die Lymphbahn ins Blut.

Die Amylase-Konzentration wird nicht in ihrer absoluten Menge, sondern in Enzymaktivitäts-Einheiten (Units, U) pro Liter Substrat (Blutserum, Spontanurin, Sammelurin) gemessen. In der folgenden Tabelle finden SIe die Referenzwerte für Erwachsene:

Normalwerte

Pankreas-Amylase

(Messung bei 37°C)

Serum

< 100 U/l

Spontanurin

< 460 U/l

Sammelurin

< 270 U/l

Je nach eingesetzter Messmethode können sich die Referenzwerte unterscheiden, deshalb können hier nur Anhaltswerte angegeben werden.

Der Lipase-Blutwert wird im Serum abestimmt werden. Die Maßeinheit U/l steht für die Enzymeinheit (U) pro Liter.

Pankreas-Lipase

Erwachsene

13 - 60 U/l

Kinder

bis 40 U/l

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Wann sind die Pankreasenzyme erniedrigt?

Bei einer chronischen Entzündung der Bauchspeicheldrüse (chronische Pankreatitis) sowie bei Bauchspeicheldrüsenkrebs kann es passieren, dass die Drüse nicht mehr genügend Verdauungsenzyme produziert. Die Messwerte für die Pankreasenzyme sind dann erniedrigt. Mediziner sprechen hier von einer exokrinen Pankreasinsuffizienz.

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Wann sind die Pankreasenzyme erhöht?

Erhöhte Pankreaswerte im Blut weisen zusammen mit Symptomen wie starken Oberbauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Fieber auf eine akute Entzündung der Bauchspeicheldrüse (akute Pankreatitis) hin. Sie kann durch Erkrankungen der Gallenwege, durch übermäßigen Alkoholkonsum und seltener durch Infektionen, Operationen oder Medikamente ausgelöst werden.

Weitere wichtige Ursachen für erhöhte Pankreasenzyme sind:

  • gutartige und bösartige Pankreastumoren
  • Pseudozysten oder Gangverengungen (Strikturen) nach akuter Bauchspeicheldrüsenentzündung
  • andere Erkrankungen mit Beteiligung der Bauchspeicheldrüse wie Magen-Darm-Perforation, Darmverschluss (Illeus), Mesenterialinfarkt
  • Medikamente wie Azathioprin, 6-Mercaptopurin, Mesalazin, die „Pille“, Opiate oder Antibiotika; erhöhte Pankreaslipase durch Gerinnungshemmer (wie Heparin)
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Was tun bei veränderten Pankreasenzymen?

Wenn ein Patient erniedrigte Pankreasenzyme (und damit eine exokrine Pankreasinsuffizienz) aufweist, muss die Ursache abgeklärt werden. Der Arzt bestimmt dann meist die Elastase-Menge im Stuhl und führt einen speziellen Test durch (Sekretin-Pankreozymin-Test).

Leicht erhöhte Pankreaswerte sind meist kein Grund zur Beunruhigung. Auch Gesunde weisen in bis zu fünf Prozent der Fälle leicht erhöhte Pankreasenzyme im Blut auf. Meist sind es Menschen mit funktionellen Störungen des Magen-Darm-Traktes, bei denen die Bauchspeicheldrüsenenzyme erhöht sind.

Bei erhöhten Pankreasenzym-Werten wird der Arzt die Krankengeschichte sorgfältig erheben, vor allem in Bezug auf Beschwerden der Verdauung, Vorerkrankungen und Medikamenteneinnahme. Es folgen eine körperliche Untersuchung und weitere Untersuchungen und Labortests, um mögliche Ursachen abzuklären.

So werden etwa bei Verdacht auf eine akute Pankreatitis weitere Laborparameter gemessen sowie bildgebende Untersuchungen durchgeführt (wie Ultraschall, Computertomografie mit Kontrastmittel, Magnetresonanztomografie).

Steht die Ursache für die veränderten Blutspiegel der Pankreasenzyme fest, wird der Arzt eine passende Behandlung einleiten.

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Vorlage:

Dr. med. Karlheinz Zeilberger

Autoren:

Pankreasenzyme: Was Ihre Laborwerte bedeuten (1)

Dr. med. Mira Seidel

Dr. med. Mira Seidel ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.

Pankreasenzyme: Was Ihre Laborwerte bedeuten (2)

Eva Rudolf-Müller

Eva Rudolf-Müller ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie hat Humanmedizin und Zeitungswissenschaften studiert und immer wieder in beiden Bereich gearbeitet - als Ärztin in der Klinik, als Gutachterin, ebenso wie als Medizinjournalistin für verschiedene Fachzeitschriften. Aktuell arbeitet sie im Online-Journalismus, wo ein breites Spektrum der Medizin für alle angeboten wird.

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Quellen:

  • Beger, H. G. et al.: Erkrankungen des Pankreas: Evidenz in Diagnostik, Therapie und Langzeitverlauf, Springer Verlag, 1. Auflage, 2013
  • Hagemann, O.: Laborlexikon, www.laborlexikon.de (Abruf 19.11.2017)
  • Hallbach, J.: Klinische Chemie und Hämatologie für den Einstieg, Georg Thieme Verlag, 2. Auflage, 2006
  • Klaus, D.: Taschenlehrbuch Klinische Chemie und Hämatologie, Gastrointestinale Labordiagnostik, Georg Thieme Verlag, 7. Auflage, 2009
  • Lankisch, P. G. & Büchler M.W.: Akute Pankreatitis, Diagnostik und Therapie 2000, in: Ärzteblatt (2000), Jahrgang 97, Heft 31-32
  • Layer, P.: Praktische Gastroenterologie, Urban & Fischer Verlag, 4. Auflage, 2011
  • Silbernagl, S.: Taschenatlas Physiologie, Georg Thieme Verlag, 8. Auflage, 2012
Pankreasenzyme: Was Ihre Laborwerte bedeuten (2024)

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